Samstag, 24. Dezember 2016
Noch einmal ein Weihnachtsfest ...
Allen hier wünsche ich besinnliche Tage kurz vor Ende dieses so traurigen und schwierigen Jahres.....
FROHE WEIHNACHTEN - KΑΛΑ ΧΡΙΣΤΟΥΓΕΝΝΑ
Mittwoch, 9. November 2016
I do not vote with my vagina ...
„Die Message, die bei jungen Frauen in Deutschland und im Rest der Welt
ankommt: Es kommt nicht darauf an, wie qualifiziert du bist, selbst wenn du so
auf einen Job vorbereitet bist wie niemand zuvor. Am Ende gewinnt ein Mann,
selbst wenn dieser unqualifiziert ist, uninformiert und von zweifelhafter
mentaler Verfassung.“
So lautete ein heutiger Kommentar einer Website zur Wahl von Donald Trump.
Und er machte mich stutzig: Melden sich jetzt doch all jene Frauen zu Wort, die
meinen, allein das „Frausein“ hätte eine Hillary Clinton als bessere Kandidatin
qualifiziert – so nach dem Motto: es ist an der Zeit, daß auch eine Frau in
Amerika Präsidentin werden kann!
Diesem Argument stimme ich in der Sache zu, aber nur unter einer Prämisse:
Wenn diese Frau auch wirklich die geeignetere Person ist! (Wobei ich jetzt hier
politisch nicht abwägen kann oder will, wer in diesem konkreten Fall geeigneter
gewesen wäre, denn das ist wiederum ein ganz anderes Thema.)
Aber wenn jetzt wieder die altbekannte Feminismus-Keule herausgeholt wird,
beschäftigt mich doch Folgendes:
Schon mein Leben lang begleitet mich dieser irrgeleitete Pseudo-Feminismus,
der allein meinem zufälligen Dasein als Frau in der heutigen Gesellschaft eine
absolute Gleichstellung mit dem Mann zuerkannt haben will. Eine Gleichstellung,
die ohne Frage in vielen Bereichen vonnöten ist, die von bewundernswerten Frauen
hart erkämpft wurde, aber auch in den westlichen Gesellschaften bis heute noch
nicht vollständig vollzogen ist ...
Dennoch hatte ich persönlich seit jeher etwas gegen dieses Label
„Feministin“. Ich habe mich nie als solche gesehen – und bin trotzdem
vielleicht mehr als viele von ihnen den Männern gleichgestellt. Ich habe mich
immer als den Männern gleichwertig empfunden. Ich brauche so ein fragwürdiges
Label nicht. Was ich in meinem Leben erreicht oder nicht erreicht habe, ist
ausschließlich meinen eigenen Fähigkeiten oder Unfähigkeiten geschuldet. Und so
war ich immer unbewußt der Überzeugung, mich von einem falsch verstandenen
Feminismus „emanzipieren“ zu müssen. Denn genau dieser falsch verstandene
Feminismus macht mich wütend. Wenn er sich heute wieder im Zusammenhang mit
Hillary Clinton auftut, bedeutet er in letzter Konsequenz doch nur eines: eine Abwertung
meiner Person! Denn nicht die Tatsache, daß ich etwas besser kann, soll mir demnach
die besten Möglichkeiten eröffnen, sondern die Tatsache, daß ich eine Frau bin
...
Die Schauspielerin Susan Sarandon sagte vor ein paar Tagen zu diesem Thema
den guten Satz: „I do not vote with my vagina! I want the right woman.“
Wenn wir also über die Gleichberechtigung von uns Frauen sprechen wollen,
sollte man über diese beiden Sätze nachdenken …
Samstag, 5. November 2016
Aufschwung in Griechenland - so sieht er aus!
Ein sonniger
Samstagvormittag, der mal wieder einlud zum Flanieren durch das Geschäftszentrum
meines Athener Stadtteils. Ich liebe dieses ziellose Streunen durch die
Straßen und Gassen, in der kleinen Fußgängerzone tummeln sich Straßenmusikanten,
man kann in den zahlreichen Straßencafés vielleicht einen Capuccino trinken oder sich ab
und zu auf eine der zahlreichen Bänke setzen und das Treiben um sich
herum beobachten.
Ziel dieses Flanierens
ist eigentlich, einmal nicht an all das Negative zu denken, was uns in
Griechenland so beschäftigt. Aber dieses „Nichtdenken“
funktioniert nicht, sieht man doch die
vielen geschlossenen Geschäfte um sich herum. Die Geschäftsleute unseres
Stadtteils darben nicht erst seit der Krise, auch vorher schon mussten etliche
schließen, war doch in unmittelbarer Nähe ein riesiges Einkaufszentrum
entstanden, das vielen kleinen Läden in Null Komma Nichts den Garaus machte. Die
anschließende Krise ist nun das i-Tüpfelchen auf diesem Drama. Jetzt, im Zuge der anhaltenden Rezession, schließen
noch immer jeden Tag Geschäfte. In der Hauptgeschäftsstraße zählte ich allein
auf 150 Metern 9 oder 10 leer stehende Läden.
In den Seitengassen und der
anschließenden kleinen Fußgängerzone hörte ich irgendwann bei 30 auf zu zählen.
Wozu auch!? Wir wissen ja auch so, dass es viel zu viele sind. Und jedes dieser geschlossenen Geschäfte erzählt seine eigene Geschichte, sein individuelles Drama. Was mag
aus diesen Menschen geworden sein? Wovon leben sie heute? Wieviel Schulden müssen sie abbezahlen? Wieviel Angestellte mussten sie entlassen? Welche Lebensträume sind da den Bach runtergegangen?
Heute stand ich
überrascht vor zwei Läden, die ich besonders mochte. Vor ein paar Wochen gab es
sie noch. Man sah durchaus Kunden in diesen Läden, man hatte auf den ersten Blick nie den Eindruck, die Geschäfte würden sehr schlecht gehen – ein Trugschluss,
wie ich so oft in den letzten Jahren dieser Krise feststellen musste! Nichts ist mehr so wie es scheint. Und natürlich hat kein Außenstehender Einblick hinter die lächelnde Fassade. In einem der beiden Läden (ein wunderschöner Geschenkeladen mit ausgesuchtem heimischen Kunsthandwerk aller Art) lagen noch Regale am Boden verstreut, etwas Restware stand achtlos noch in offenen Kisten herum. Es kann wohl erst ein paar Tage her sein, dass hier der endgültige Schlussstrich gezogen wurde . „Zu vermieten“ stand da in schreienden Lettern an der Tür …

Montag, 24. Oktober 2016
Es gibt Fragen, aber keine Antworten. Man müßte wie die Tiere sein. Bei ihnen ist es umgekehrt. Der Instinkt gibt ihnen Antworten. Fragen brauchen sie nicht. - Simona Vinci
Es gibt manchmal ganz wunderbare Bücher, die einem rein zufällig über den Weg laufen - wie dieser Roman der italienischen Schriftstellerin und Übersetzerin Simona Vinci.
Auf einem Bücherbasar sprang mir das Buch aufgrund seines Themas ins Auge: Die 40er Jahre in Italien, der Faschismus ist allgegenwärtig. Der 11-jährige Pietro muss zurechtkommen mit einer seltsam "entrückten" Mutter, mit dem unerklärlichen Tod seiner Kindheitsgefährtin Irina und einem längeren Aufenthalt in einem strengen katholischen Internat. Als er von dort zurück nach Hause kehrt, macht er sich auf die Suche nach den Gründen für den Tod Irinas. Als er ihr Tagebuch findet, eröffnet sich ihm ganz langsam die Tragik seiner Familie - und vor allem seiner Mutter Tea, die ihre innere Einsamkeit mit Heroin und Alkohl zu betäuben versucht.
Die Spannung baut sich mehr und mehr auf, gemeinsam mit Pietro will der Leser hinter die Familiengeheimnisse kommen. Aber es ist auch ein Buch über das langsame Erwachsenwerden inmitten von Krieg und Widerstand. Erzählt wird im ersten Teil aus Sicht von Pietro, im zweiten Teil aus der Sicht der Mutter. Und so fügen sich langsam auch für den Leser die Puzzleteile zusammen.
Was das Buch lesenswert macht, sind nicht nur das Thema und die Zeit, sondern vor allem die unaufgeregte, präzise, aber eben auch wunderbar poetische Sprache der Autorin.
Auf einem Bücherbasar sprang mir das Buch aufgrund seines Themas ins Auge: Die 40er Jahre in Italien, der Faschismus ist allgegenwärtig. Der 11-jährige Pietro muss zurechtkommen mit einer seltsam "entrückten" Mutter, mit dem unerklärlichen Tod seiner Kindheitsgefährtin Irina und einem längeren Aufenthalt in einem strengen katholischen Internat. Als er von dort zurück nach Hause kehrt, macht er sich auf die Suche nach den Gründen für den Tod Irinas. Als er ihr Tagebuch findet, eröffnet sich ihm ganz langsam die Tragik seiner Familie - und vor allem seiner Mutter Tea, die ihre innere Einsamkeit mit Heroin und Alkohl zu betäuben versucht.
Die Spannung baut sich mehr und mehr auf, gemeinsam mit Pietro will der Leser hinter die Familiengeheimnisse kommen. Aber es ist auch ein Buch über das langsame Erwachsenwerden inmitten von Krieg und Widerstand. Erzählt wird im ersten Teil aus Sicht von Pietro, im zweiten Teil aus der Sicht der Mutter. Und so fügen sich langsam auch für den Leser die Puzzleteile zusammen.
Was das Buch lesenswert macht, sind nicht nur das Thema und die Zeit, sondern vor allem die unaufgeregte, präzise, aber eben auch wunderbar poetische Sprache der Autorin.
Freitag, 21. Oktober 2016
Zungenfertigkeit ...
Heute stieß ich durch Zufall auf das Zitat von Shaw. Dies brachte mich
zum Nachdenken über so Vieles, was wir z.B. auf Facebook zu vereinzelten politischen
Äußerungen lesen können. Da schimpfen wir, da entrüsten wir uns, da sezieren
wir jeden Satz und jede Wortvergewaltigung unserer unsäglichen Politdarsteller,
quer durch alle Parteien.
Aber wir sollten
dabei nie vergessen, dass all das, was diese Leute so von sich geben, wohl
überlegt, rhetorisch eiskalt kalkuliert und - vor allem - vorher genau
abgesprochen ist. Gerade während Wahlkämpfen sehen wir das
parteiübergreifend. Die meisten Wahlversprechen erweisen sich im Nachhinein als
Wahlversprecher. Wir erleben es gerade in Amerika, und auch in Deutschland hat
der Wahlkampf aufgrund der Flüchtlingsdebatte schon längst begonnen. Was hat es
also für einen Sinn, sich auf einzelne politische Äußerungen zu stürzen, sie im
Internet zu zerpflücken und unendlich zu teilen? Indem wir dies tun, messen wir
diesen sprachlichen Auswürfen nicht viel zu viel Bedeutung bei? Und gehen wir
damit vielleicht genau in die Fallen, die unsere Politdarsteller uns Bürgern bewußt
stellen?
Denn jenseits dieser rhetorischen Brocken, die uns da hingeworfen werden, findet die große Politik statt - ohne Rücksicht auf Verluste.
Montag, 13. Juni 2016
Changes ... cambiamenti ... Veränderungen ... αλλαγές ....
Gestern las ich
einen interessanten Artikel hier über die diffusen und irrationalen Ängste, die den
Bürger der heutigen Gesellschaft umtreiben. Der Autor legte dar, wie die
Politik schon seit jeher mit diesen diffusen Ängsten der Menschen spielte und
sie für ihre Zwecke instrumentalisierte. Nichts anderes erleben wir auch heute
wieder. Nicht nur in meinem Heimatland Deutschland scheint man an einem Punkt
angelangt zu sein, wo eine überwiegend saturierte Gesellschaft sich von allen
Seiten bedroht sieht und sich nicht mit dem Gedanken abfinden will, daß unsere
Gesellschaften schon immer einer beständigen Entwicklung ausgesetzt waren. Dabei
gibt es durchaus konstruktiven Aufstand, aber auch vor allem destruktiven
und demoralisierenden Widerstand. Und dann frage ich mich immer: Wo wären wir,
wenn wir diese beständige Veränderung nicht leben würden? Es gibt derer gute
und schlechte, aber sie bleiben am Ende doch Veränderungen, die zu unserem
Dasein einfach dazugehören. Wer, egal welcher politischer Couleur, vermag uns
heute denn wirklich mit Sicherheit zu sagen, wie diese Veränderungen sich auf
lange Sicht darstellen werden? Das werden erst die historischen Zeitläufte
zeigen.
Aber die von
außen geschürten Ängste vor diesen Veränderungen, vor gar apokalyptischen Zuständen und die aktuelle Suche nach schwächeren
Sündenböcken (wie momentan z.B. die Flüchtlinge), denen wir die unbequemen Seiten
dieser Veränderungen anlasten können, bringen uns nicht weiter.
Wer hat mir jemals
einen Rosengarten oder ein Leben ohne Aufreibungen versprochen? Wieso soll ich mich von extern geschürten
Ängsten bestimmen lassen? Reichen mir meine (vielfältigen) eigenen Dämonen denn
nicht schon? Wieso sollen andere Menschen für mein Leben verantwortlich sein? Kein
Staat und keine Regierung der Welt können mir doch am Ende einen Wohlfühl-Status
Quo garantieren. Kein Staat sollte mich vordergründig von der Verantwortung für
mein eigenes Leben befreien. Ein zufriedenes, selbstreflektierendes und
selbstbestimmtes Leben kann nur aus mir selbst entstehen.
Vielleicht ist
dies etwas, was ich aus dem stetig am wirtschaftlichen Abgrund lavierenden Leben
in einem so krisengeschüttelten Land wie Griechenland gelernt habe. Vielleicht
verstehe ich deshalb oft diese momentanen diffusen Ängste meiner deutschen
Landsleute nicht, empfinde sie manchmal geradezu als obszön – im wörtlichen
Sinne des Wortes von „unanständig“ und „schamlos“. Und wenn schon nicht in
diesem sehr speziellen Sinne, so doch auf jeden Fall als surreal und unreflektiert.
Donnerstag, 2. Juni 2016
Wie das Leben so spielt ...
Neulich erst schrieb ich auf Bitten eines Facebook-Freundes ein paar Worte über mein momentanes Dasein als Selbständige hier in Griechenland. Wie das dann so geht ... eine Freundin schickte meinen Bericht ihrer Freundin, diese empfahl, meinen Text an eine Redaktion in Stuttgart weiterzuschicken ... etc.
Wie das Leben manchmal so spielt. Vor ein paar Tagen rief mich dann eine Redakteurin aus Stuttgart an und wollte mehr über mich erfahren. Und so fand ich heute meinen Blogbeitrag von neulich in der online-Version des Kontaktmagazins in Stuttgart. Das hat mich unendlich gefreut ...
http://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/270/arbeiten-im-teufelskreis-3662.html
Dass meine so "privaten" Kommentare hier auf meinem Blog es mal in eine Zeitung schaffen werden, hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen ... Ein herzliches Dankeschön an meine Freundin auf Lesbos, die dies so tatkräftig unterstützt hat!
Wie das Leben manchmal so spielt. Vor ein paar Tagen rief mich dann eine Redakteurin aus Stuttgart an und wollte mehr über mich erfahren. Und so fand ich heute meinen Blogbeitrag von neulich in der online-Version des Kontaktmagazins in Stuttgart. Das hat mich unendlich gefreut ...
http://www.kontextwochenzeitung.de/debatte/270/arbeiten-im-teufelskreis-3662.html
Dass meine so "privaten" Kommentare hier auf meinem Blog es mal in eine Zeitung schaffen werden, hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen ... Ein herzliches Dankeschön an meine Freundin auf Lesbos, die dies so tatkräftig unterstützt hat!
Samstag, 28. Mai 2016
"Mauerblümchen" ...
Ein wunderschöner
Tag in der Altstadt von Athen liegt hinter mir. Dieser kleine Bücherstand fiel
mir auf, aufgebaut vor einem baufälligen Häuschen inmitten der kleinen Gassen
unterhalb der Akropolis. Wie schön und irgendwie auch ermutigend, wenn die
Kultur doch immer noch ein verstecktes Plätzchen findet, gerade in diesen
schwierigen Zeiten, fast so wie kleine Blumen, die sich ihren Weg durch
Mauerbrüche suchen ... Und vor dem
Hintergrund, dass erst vor ein paar Tagen eine der größten Buchhandlungen im
Athener Zentrum der Krise nicht mehr standhalten konnte und ihre Toren
schließen musste.
Mittwoch, 25. Mai 2016
Kreativität ist funktionales Chaos im Kopf. - Aba Assa
In all den Wirren unserer Zeit, in all den überfallartigen Neuigkeiten in den Zeitungen, in all dem täglichen Überlebenskampf fällt es mir oft so schwer, mich noch auf das zu besinnen, das mir an meiner Arbeit Freude macht ...
In den letzten Monaten fehlt so oft die physische und auch die kreative Kraft, mit der ich ganz prosaisch auch mein täglich Brot verdienen muss. Kunden verlangen immer häufiger fast Unmögliches; da kein Geld vorhanden ist, will man für das Wenige, das man noch ausgeben kann, das Bestmögliche bekommen. Manche verlangen schlichtweg Unmögliches. Ideen und ihre praktische Ausführung müssen her, immer schneller, immer besser, immer billiger. Ein Kunde war heute ziemlich ungehalten, weil eine bestellte Schachtel noch nicht fertig war - eine absolute Sonderherstellung, kompliziert, verzwickt, zeitaufwendig, bei der man sich zudem keinen Fehler erlauben darf, weil das Material knapp und sehr teuer ist. Wie soll man dem Kunden plausibel machen, daß man für so einen Auftrag die nötige kreative und handwerkliche Ruhe braucht? Was früher als Kunsthandwerk dankbar gewürdigt wurde, ist heute nur noch Allerweltsware... Nach so einem Arbeitstag fühle ich mich dann ausgepresst wie eine Zitrone.
Nur noch sehr selten, am späten Nachmittag, am frühen Abend oder am Wochenende habe ich noch Lust, kleinere neue Ideen auszuprobieren. Seit vielen Wochen spukt jedoch die Vorstellung von größeren Objekten in meinem Kopf herum, die Vorstellung von luftigen Kleiderskulpturen, inspiriert von Künstlern, die Papier als Werkstoff für wunderbare Kreationen entdeckt haben:
Mal sehen, wann ich Zeit und Muße finden werde, all dies auszuprobieren und zu verwirklichen. Die fertigen Bilder im Kopf existieren bereits, eine entsprechende Schneiderpuppe als Form steht seit Wochen schon in meiner Werkstatt. Die praktische Umsetzung allerdings verlangt innere Ruhe und auch unbeschwerte Zeit, die ich momentan irgendwie nicht in mir selbst finden kann angesichts der brennenden Probleme um mich herum ...
Und wenn ich gar mich selbst der Welt "entziehen" will, dann lese ich - allein dies hat mir die Krise noch nicht genommen!
Dienstag, 10. Mai 2016
Griechenland - im freien Fall ...
Ein Facebook-Freund bat mich neulich, ob ich nicht ein paar Worte aus meiner Sicht zum Leben als Selbständige hier in Griechenland schreiben könnte. Aber wie könnte man die heutige Lage der kleinen und mittelständischen Unternehmer in diesem Land am besten beschreiben? Ich kann nur von meiner kleinen Manufaktur ausgehen und es versuchen:
Es gibt meine Buchbinderwerkstatt nun seit genau 20 Jahren. Noch bis vor einigen Jahren beschäftigten wir sechs Angestellte und exportierten einen Teil unserer Produktion nach Zypern, Deutschland und Österreich. Unser kleiner Betrieb war keine Goldgrube, aber wir waren zufriedene "Mittelständler" mit den normalen Hochs und Tiefs, die so ein kleiner Betrieb eben über die Jahre erlebt.
Dann kam der Euro, und langsam verringerten sich unsere Exporte - unsere Produkte wurden zu teuer. 2008 brach die weltweite Finanzkrise aus, die politische und wirtschaftliche Lage in Griechenland spitzte sich rasant zu. Schon bald konnten sich viele meiner Kunden unsere aufwendig hergestellten Produkte nicht mehr leisten und kauften lieber Billigware aus China. Der Umsatz verringerte sich noch mehr. Wir mussten mit der Zeit einen Mitarbeiter nach dem anderen entlassen. Mein Berufsstand dünnte sich zunehmend aus, eine alteingesessene Buchbinderei nach der anderen hier in Athen musste aufgeben. Was als fernes Donnergrollen begann, wuchs sich zu einem Sturm aus, der uns mitreissen sollte.
Regierungen gaben sich die Klinke in die Hand. Ein schon 2012 notwendiger Schuldenschnitt wurde von den Gläubigern verweigert. Stattdessen wurden Memoranden unterschrieben. Die vielbeschworene "Griechenlandrettung" wurde zu 95% eine Rettung der Banken. Die aufgezwungenen Sparmaßnahmen legten die Kaufkraft der Menschen und die Wirtschaft lahm. Konkurse, Entlassungen, Massenarbeitslosigkeit, wiederholte Renten- und Lohnkürzungen bei gleichzeitigen Steuererhöhungen ohne Ende - der ganze Irrsinn, der ganz aktuell noch immer weitergeht. Das griechische Volk verarmte zusehends, vor allem das Unternehmertum, ehemals die treibende Kraft der griechischen Wirtschaft, wird fast systematisch ausgehungert. Der versprochene Aufschwung? Fehlanzeige. Natürlich. Aber all dies ist "große" Politik mit weitverzweigten Interessen, vom einfachen Bürger kaum noch nachvollziehbar.
Was bedeutet es in der Praxis für mich und viele andere kleine und mittelständische Betriebe?
Höhere Abgaben, überhöhte Mehrwertsteuer, in Kürze sogar 100%ige Steuervorauszahlung. Bei der gleichbleibenden schlechten Auftragslage arbeiten wir wortwörtlich nur für das tägliche Überleben. Laufende Kosten, Umsatzsteuer, überteuerte Krankenversicherung und Arbeitgeberabgaben - all dies sind Beträge, die sich nicht jeden Monat so einfach erwirtschaften lassen. Die neu eingeführte Einkommensteuervorauszahlung für Selbständige wird bei vielen von uns wohl nur schon bestehende Schulden erhöhen oder aber zum endgültigen Sargnagel werden. Im ersten Quartal 2016 schlossen bereits 78% mehr Unternehmen als im gleichen Vorjahreszeitraum!
Natürlich gibt es gleichzeitig auch Startups: Viele Arbeitslose nehmen staatliche Hilfen zur Unternehmungsgründung in Anspruch, leihen sich Geld oder investieren ihren letzten Pfennig. Sie eröffnen kleine Unternehmen in der Hoffnung, davon leben zu können - mit meist ungutem Ausgang angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage. Und so sind auch sie dann oft nur weitere Kleinunternehmer, die nach kurzer Zeit mit Schulden auf dem Buckel dastehen.
Der Staat bzw. die Gläubiger versprechen sich von all den harten Sparmaßnahmen mehr Einnahmen. Aber wie kann ich meinen Verpflichtungen denn noch nachkommen? Um überhaupt noch auf dem Markt bestehen zu können, bin ich gezwungen, fast nur noch "maßgeschneiderte" Einzelanfertigungen zu deutlich gesenkten Preisen herzustellen - bei steigenden Materialkosten und unverhältnismäßig hohem Arbeitsaufwand. Und so bleibt - im besten Fall - am Ende eines Monats kein Cent übrig. Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Renten- und Krankenversicherung und Arbeitgeberbeiträge? Ein ewiger Kampf gegen Windmühlen! Heute hörte ich im Radio, daß nach den erst vorgestern beschlossenen weiteren Maßnahmen die griechischen Unternehmer 65 % ihres Einkommens an Steuern und Abgaben zu leisten haben werden!
Manchmal denke ich mir dann: Eine merkliche Absenkung der Mehrwertsteuer würde die Preise senken, die Kaufkraft der Kunden erhöhen, damit die Wirtschaft wieder etwas ankurbeln und nebenbei auch den um sich greifenden "Schwarzmarkt" verringern. Eine merkliche Senkung der Steuern und Beiträge würde dem Staat sicher zuverlässigere Steuereinnahmen bringen als es momentan der Fall ist. Uns Unternehmern würden diese Senkungen etwas Luft zum Atmen geben, unsere Umsätze veilleicht etwas verbessern, keine weiteren Schulden generieren und vielleicht nötige Investitionen oder sogar die so dringende Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen.
Zu einfach gedacht, werden jetzt viele sagen. Stimmt, aber ich bin kein Ökonom und kann nur von meiner kleinen Manufaktur mit ihren Nöten ausgehen ...
Daß viele der aufgezwungenen Reformen notwendig und oft auch richtig waren, bestreitet hier in Griechenland niemand. Aber Reformen müssen so klug und mit Bedacht durchgeführt werden, daß sie die Wirtschaft eines Landes nicht vollkommen lahmlegen und die Menschen nicht in die Verarmung treiben. Harte Sparmaßnahmen bedeuten nicht gleichzeitig zukunftsträchtige Reformen, die die Wirtschaft ankurbeln und damit einen Abbau der Verschuldung des Einzelnen und des Staates ermöglichen würden!
Freunde in Deutschland fragen mich dann oft ganz naiv und besserwisserisch: Warum schließt Du nicht, wenn Dein Betrieb keinen Gewinn mehr abwirft und Du auf die Dauer Schulden anhäufst?
Ganz einfach, ich KANN es nicht. Erstens gibt es in Griechenland keine Sozialhilfe, wovon sollte ich also bitte leben? Zweitens würde ich keine Arbeit mehr finden - bei einer Arbeitslosenquote von 24% (4,2% in Deutschland) und aufgrund meines Alters natürlich. Viele Kleinbetriebe müssen also trotz Schulden und einbrechender Umsätze weitermachen. Viele dieser Menschen haben Familien und können ihre Betriebe nicht einfach schließen, wovon sollten sie ihre Kinder denn ernähren? Viele haben inzwischen arbeitslose Familienmitglieder, die sie irgendwie unterstützen müssen und, und, und ... Es gibt so viele verschiedene traurige Szenarien allein in meinem eigenen beruflichen Bekanntenkreis.
So ist diese Krise mitsamt ihren politischen Irrwegen für viele Kleinbetriebe in Griechenland zum Teufelskreis geworden: Diejenigen, die am Ende doch aufgeben müssen, weil sie selbst die eigenen Lebenshaltungskosten nicht mehr erwirtschaften können, haben im besten Fall das soziale Auffangnetz der Familie, um nicht sofort auf der Straße zu landen. Diejenigen, die "irgendwie" weitermachen, wissen, dass sie bei weiterhin anhaltender Krise aus der Schuldenfalle vielleicht nie mehr herauskommen werden.
Das Leben als Kleinunternehmer im Griechenland von Heute bedeutet also nicht selten, die Zukunftsgedanken so gut es geht auszublenden. Krank werden? Bitte bloß nicht! Rente? Woher und wieviel am Ende? Hoffnung auf bessere Zeiten? Wohl kaum, angesichts der wirtschaftlichen Lage und der europäischen politischen Ränkespiele.
Wie lebt es sich angesichts dieser Rat- und Auswegslosigkeit? Ich persönlich versuche verzweifelt, den Kopf hoch zu halten, mich jeden einzelnen Tag irgendwie neu zu motivieren, um überhaupt meine Arbeit weiter verrichten zu können. Viele schämen sich dafür, daß ihre Betriebe, gerade wenn es alte Familienbetriebe waren, in die roten Zahlen gerutscht sind. Oft erzählt man sich die Wahrheit nur hinter vorgehaltener Hand. Und nicht alle können diesem täglichen existenziellen und psychischen Druck standhalten. Aber das ist wieder ein anderes trauriges Thema ..
Es gibt meine Buchbinderwerkstatt nun seit genau 20 Jahren. Noch bis vor einigen Jahren beschäftigten wir sechs Angestellte und exportierten einen Teil unserer Produktion nach Zypern, Deutschland und Österreich. Unser kleiner Betrieb war keine Goldgrube, aber wir waren zufriedene "Mittelständler" mit den normalen Hochs und Tiefs, die so ein kleiner Betrieb eben über die Jahre erlebt.
Dann kam der Euro, und langsam verringerten sich unsere Exporte - unsere Produkte wurden zu teuer. 2008 brach die weltweite Finanzkrise aus, die politische und wirtschaftliche Lage in Griechenland spitzte sich rasant zu. Schon bald konnten sich viele meiner Kunden unsere aufwendig hergestellten Produkte nicht mehr leisten und kauften lieber Billigware aus China. Der Umsatz verringerte sich noch mehr. Wir mussten mit der Zeit einen Mitarbeiter nach dem anderen entlassen. Mein Berufsstand dünnte sich zunehmend aus, eine alteingesessene Buchbinderei nach der anderen hier in Athen musste aufgeben. Was als fernes Donnergrollen begann, wuchs sich zu einem Sturm aus, der uns mitreissen sollte.
Regierungen gaben sich die Klinke in die Hand. Ein schon 2012 notwendiger Schuldenschnitt wurde von den Gläubigern verweigert. Stattdessen wurden Memoranden unterschrieben. Die vielbeschworene "Griechenlandrettung" wurde zu 95% eine Rettung der Banken. Die aufgezwungenen Sparmaßnahmen legten die Kaufkraft der Menschen und die Wirtschaft lahm. Konkurse, Entlassungen, Massenarbeitslosigkeit, wiederholte Renten- und Lohnkürzungen bei gleichzeitigen Steuererhöhungen ohne Ende - der ganze Irrsinn, der ganz aktuell noch immer weitergeht. Das griechische Volk verarmte zusehends, vor allem das Unternehmertum, ehemals die treibende Kraft der griechischen Wirtschaft, wird fast systematisch ausgehungert. Der versprochene Aufschwung? Fehlanzeige. Natürlich. Aber all dies ist "große" Politik mit weitverzweigten Interessen, vom einfachen Bürger kaum noch nachvollziehbar.
Was bedeutet es in der Praxis für mich und viele andere kleine und mittelständische Betriebe?
Höhere Abgaben, überhöhte Mehrwertsteuer, in Kürze sogar 100%ige Steuervorauszahlung. Bei der gleichbleibenden schlechten Auftragslage arbeiten wir wortwörtlich nur für das tägliche Überleben. Laufende Kosten, Umsatzsteuer, überteuerte Krankenversicherung und Arbeitgeberabgaben - all dies sind Beträge, die sich nicht jeden Monat so einfach erwirtschaften lassen. Die neu eingeführte Einkommensteuervorauszahlung für Selbständige wird bei vielen von uns wohl nur schon bestehende Schulden erhöhen oder aber zum endgültigen Sargnagel werden. Im ersten Quartal 2016 schlossen bereits 78% mehr Unternehmen als im gleichen Vorjahreszeitraum!
Natürlich gibt es gleichzeitig auch Startups: Viele Arbeitslose nehmen staatliche Hilfen zur Unternehmungsgründung in Anspruch, leihen sich Geld oder investieren ihren letzten Pfennig. Sie eröffnen kleine Unternehmen in der Hoffnung, davon leben zu können - mit meist ungutem Ausgang angesichts der katastrophalen Wirtschaftslage. Und so sind auch sie dann oft nur weitere Kleinunternehmer, die nach kurzer Zeit mit Schulden auf dem Buckel dastehen.
Der Staat bzw. die Gläubiger versprechen sich von all den harten Sparmaßnahmen mehr Einnahmen. Aber wie kann ich meinen Verpflichtungen denn noch nachkommen? Um überhaupt noch auf dem Markt bestehen zu können, bin ich gezwungen, fast nur noch "maßgeschneiderte" Einzelanfertigungen zu deutlich gesenkten Preisen herzustellen - bei steigenden Materialkosten und unverhältnismäßig hohem Arbeitsaufwand. Und so bleibt - im besten Fall - am Ende eines Monats kein Cent übrig. Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Renten- und Krankenversicherung und Arbeitgeberbeiträge? Ein ewiger Kampf gegen Windmühlen! Heute hörte ich im Radio, daß nach den erst vorgestern beschlossenen weiteren Maßnahmen die griechischen Unternehmer 65 % ihres Einkommens an Steuern und Abgaben zu leisten haben werden!
Manchmal denke ich mir dann: Eine merkliche Absenkung der Mehrwertsteuer würde die Preise senken, die Kaufkraft der Kunden erhöhen, damit die Wirtschaft wieder etwas ankurbeln und nebenbei auch den um sich greifenden "Schwarzmarkt" verringern. Eine merkliche Senkung der Steuern und Beiträge würde dem Staat sicher zuverlässigere Steuereinnahmen bringen als es momentan der Fall ist. Uns Unternehmern würden diese Senkungen etwas Luft zum Atmen geben, unsere Umsätze veilleicht etwas verbessern, keine weiteren Schulden generieren und vielleicht nötige Investitionen oder sogar die so dringende Schaffung von Arbeitsplätzen ermöglichen.
Zu einfach gedacht, werden jetzt viele sagen. Stimmt, aber ich bin kein Ökonom und kann nur von meiner kleinen Manufaktur mit ihren Nöten ausgehen ...
Daß viele der aufgezwungenen Reformen notwendig und oft auch richtig waren, bestreitet hier in Griechenland niemand. Aber Reformen müssen so klug und mit Bedacht durchgeführt werden, daß sie die Wirtschaft eines Landes nicht vollkommen lahmlegen und die Menschen nicht in die Verarmung treiben. Harte Sparmaßnahmen bedeuten nicht gleichzeitig zukunftsträchtige Reformen, die die Wirtschaft ankurbeln und damit einen Abbau der Verschuldung des Einzelnen und des Staates ermöglichen würden!
Freunde in Deutschland fragen mich dann oft ganz naiv und besserwisserisch: Warum schließt Du nicht, wenn Dein Betrieb keinen Gewinn mehr abwirft und Du auf die Dauer Schulden anhäufst?
Ganz einfach, ich KANN es nicht. Erstens gibt es in Griechenland keine Sozialhilfe, wovon sollte ich also bitte leben? Zweitens würde ich keine Arbeit mehr finden - bei einer Arbeitslosenquote von 24% (4,2% in Deutschland) und aufgrund meines Alters natürlich. Viele Kleinbetriebe müssen also trotz Schulden und einbrechender Umsätze weitermachen. Viele dieser Menschen haben Familien und können ihre Betriebe nicht einfach schließen, wovon sollten sie ihre Kinder denn ernähren? Viele haben inzwischen arbeitslose Familienmitglieder, die sie irgendwie unterstützen müssen und, und, und ... Es gibt so viele verschiedene traurige Szenarien allein in meinem eigenen beruflichen Bekanntenkreis.
So ist diese Krise mitsamt ihren politischen Irrwegen für viele Kleinbetriebe in Griechenland zum Teufelskreis geworden: Diejenigen, die am Ende doch aufgeben müssen, weil sie selbst die eigenen Lebenshaltungskosten nicht mehr erwirtschaften können, haben im besten Fall das soziale Auffangnetz der Familie, um nicht sofort auf der Straße zu landen. Diejenigen, die "irgendwie" weitermachen, wissen, dass sie bei weiterhin anhaltender Krise aus der Schuldenfalle vielleicht nie mehr herauskommen werden.
Das Leben als Kleinunternehmer im Griechenland von Heute bedeutet also nicht selten, die Zukunftsgedanken so gut es geht auszublenden. Krank werden? Bitte bloß nicht! Rente? Woher und wieviel am Ende? Hoffnung auf bessere Zeiten? Wohl kaum, angesichts der wirtschaftlichen Lage und der europäischen politischen Ränkespiele.
Wie lebt es sich angesichts dieser Rat- und Auswegslosigkeit? Ich persönlich versuche verzweifelt, den Kopf hoch zu halten, mich jeden einzelnen Tag irgendwie neu zu motivieren, um überhaupt meine Arbeit weiter verrichten zu können. Viele schämen sich dafür, daß ihre Betriebe, gerade wenn es alte Familienbetriebe waren, in die roten Zahlen gerutscht sind. Oft erzählt man sich die Wahrheit nur hinter vorgehaltener Hand. Und nicht alle können diesem täglichen existenziellen und psychischen Druck standhalten. Aber das ist wieder ein anderes trauriges Thema ..
Samstag, 30. April 2016
Wir kommen nicht auf die Welt, um Antworten zu finden, sondern um Fragen zu stellen. - Robert Seethaler
Dies ist nun das zweite Buch, das ich von dem österreichischen Autor Robert Seethaler gelesen habe. Im direkten Anschluß an den dicken Schmöker "Distelfink", den ich Euch letztens vorgestellt habe, ist das vergleichsweise schmale Büchlein von Seethaler doch wieder der schönste Beweis dafür, daß ein guter Autor keine 1000 Seiten benötigt, um eine Geschichte herausragend erzählen zu können.
1937 kommt der 17-jährige Franz von seinem Dorf am Attersee in das geschäftige Wien und wird Lehrling in einem Tabaktrafik, nicht weit von der Berggasse 19 entfernt, in der Sigmund Freud seine Wohnung und Praxis hat. Franz lernt den betagten Freud kennen, und es entspinnt sich eine zaghafte Freundschaft zwischen dem einfachen Bub vom Land und dem verehrten Professor. Auch die ersten Schritte in der Liebe macht Franz und beherzigt dabei so manchen Rat seines Freundes. All dies trägt sich zu in den Tagen des Anschlusses Österreichs an das Dritte Reich...
Und so begegnet mir in wenigen Wochen schon zum zweiten Mal dieser historische Moment in einem Roman. War es in dem Buch "Der Hase mit den Bernsteinaugen" nur ein kurzes, prägnantes Kapitel, ist dies im "Trafikant" der tragende Hintergrund der Romanhandlung und für die Entwicklung des Protagonisten der entscheidende Moment.
Vom Besitzer des Trafik angehalten, täglich die Zeitungen zu lesen, die dort verkauft werden, taucht Franz auch lesend ein in die Zeitgeschehnisse und reflektiert so das, was ihm selbst in jenen Tagen zustößt:
Eigentlich ist es ja schon merkwürdig, dachte er weiter, wie die Zeitungen ihre ganzen Wahrheiten in großen, dicken Lettern herausposaunen, nur um sie dann gleich in der nächsten Ausgabe wieder kleinzuschreiben, respektive über den Haufen zu werfen. Die Wahrheit der Morgenausgabe ist praktisch die Lüge der Abendausgabe, dachte er, was allerdings für die Erinnerung keine allzu große Rolle spielt. Erinnert wird nämlich meistens sowieso nicht die Wahrheit, sondern nur das, was laut genug herausgebrüllt und eben fett genug abgedruckt wird. Und wenn so ein Erinnerungsrascheln lang genug angedauert hat, dachte er schließlich, wird daraus Geschichte.
Robert Seethaler beschreibt dies alles in einer klaren und unverschnörkelten Sprache. Er hat die schriftstellerische Gabe, die Innenwelt seiner Figuren sprachlich so leichtfüßig, aber eindringlich herauszuarbeiten, daß man das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen kann, was bei mir gestern zu einer langen nächtlichen "Lesereise" geführt hat (mit anschließendem schlechten Schlaf, weil die gelesene Geschichte noch zu lange in meinem Kopf rumorte) ...
Die FAZ schrieb denn auch: "Diese unerklärliche Leichtigkeit des Schreibens ist so wohltuend", und Gerhard Polt urteilte: "Für mich ist Seethaler ein großer Erzähler in der Tradition von Alfred Polgar und Joseph Roth".
Eine unbedingte Lektüreempfehlung!
P.S. Ebenfalls lesenswert "Die weiteren Aussichten". Sein bisher letzter Roman "Ein ganzes Leben" steht bereits auf meiner Wunschliste ...
1937 kommt der 17-jährige Franz von seinem Dorf am Attersee in das geschäftige Wien und wird Lehrling in einem Tabaktrafik, nicht weit von der Berggasse 19 entfernt, in der Sigmund Freud seine Wohnung und Praxis hat. Franz lernt den betagten Freud kennen, und es entspinnt sich eine zaghafte Freundschaft zwischen dem einfachen Bub vom Land und dem verehrten Professor. Auch die ersten Schritte in der Liebe macht Franz und beherzigt dabei so manchen Rat seines Freundes. All dies trägt sich zu in den Tagen des Anschlusses Österreichs an das Dritte Reich...
Und so begegnet mir in wenigen Wochen schon zum zweiten Mal dieser historische Moment in einem Roman. War es in dem Buch "Der Hase mit den Bernsteinaugen" nur ein kurzes, prägnantes Kapitel, ist dies im "Trafikant" der tragende Hintergrund der Romanhandlung und für die Entwicklung des Protagonisten der entscheidende Moment.
Vom Besitzer des Trafik angehalten, täglich die Zeitungen zu lesen, die dort verkauft werden, taucht Franz auch lesend ein in die Zeitgeschehnisse und reflektiert so das, was ihm selbst in jenen Tagen zustößt:
Eigentlich ist es ja schon merkwürdig, dachte er weiter, wie die Zeitungen ihre ganzen Wahrheiten in großen, dicken Lettern herausposaunen, nur um sie dann gleich in der nächsten Ausgabe wieder kleinzuschreiben, respektive über den Haufen zu werfen. Die Wahrheit der Morgenausgabe ist praktisch die Lüge der Abendausgabe, dachte er, was allerdings für die Erinnerung keine allzu große Rolle spielt. Erinnert wird nämlich meistens sowieso nicht die Wahrheit, sondern nur das, was laut genug herausgebrüllt und eben fett genug abgedruckt wird. Und wenn so ein Erinnerungsrascheln lang genug angedauert hat, dachte er schließlich, wird daraus Geschichte.
Robert Seethaler beschreibt dies alles in einer klaren und unverschnörkelten Sprache. Er hat die schriftstellerische Gabe, die Innenwelt seiner Figuren sprachlich so leichtfüßig, aber eindringlich herauszuarbeiten, daß man das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen kann, was bei mir gestern zu einer langen nächtlichen "Lesereise" geführt hat (mit anschließendem schlechten Schlaf, weil die gelesene Geschichte noch zu lange in meinem Kopf rumorte) ...
Die FAZ schrieb denn auch: "Diese unerklärliche Leichtigkeit des Schreibens ist so wohltuend", und Gerhard Polt urteilte: "Für mich ist Seethaler ein großer Erzähler in der Tradition von Alfred Polgar und Joseph Roth".
Eine unbedingte Lektüreempfehlung!
P.S. Ebenfalls lesenswert "Die weiteren Aussichten". Sein bisher letzter Roman "Ein ganzes Leben" steht bereits auf meiner Wunschliste ...
Samstag, 16. April 2016
Der Distelfink

" Es passiert, als Theo Decker dreizehn Jahre alt ist. An dem Tag, an dem er mit seiner Mutter ein New Yorker Museum besucht, verändert ein schreckliches Unglück sein Leben für immer. Er verliert sie unter tragischen Umständen und bleibt allein und auf sich gestellt zurück ... Mit jedem Jahr, das vergeht, kommt er immer weiter von seinem Weg ab ... "
Dies ein Auszug aus dem Klappentext. Der Roman ist aus der Perspektive des mittlerweile über 30-jährigen Theo geschrieben, der reflektierend auf diese Jahre seines Lebens bis in die Gegenwart zurückblickt. Man hat es in gewissem Sinne mit einem Entwicklungsroman zu tun, in bester Tradition eines "Wilhelm Meister" oder eines "Taugenichts" - wenn man denn literarisch verwegen so hoch greifen wollte.
Zunächst einmal muss ich sagen, daß der Anfang des Romans mich durchaus in seinen Bann gezogen hat. Die Geschichte um den jungen Theo, um die enge Beziehung zu seiner Mutter, das tragische Unglück und seine ersten, zaghaften Schritte in ein neues Leben - all dies ist einfach wunderbar erzählt. Danach jedoch - immerhin schon so ab Seite 250 - ertappte ich mich dabei, immer öfter Sätze zu überspringen, später auch ganze Absätze nur noch zu überfliegen. Beides ist immer ein schlechtes Zeichen: Wenn ich mich nicht mehr interessiere für einzelne Sätze, wenn die Worte keinen "Nachhall" in meinem Kopf hinterlassen, keine Empfindungen in mir auslösen, wenn es keine besonderen Textstellen gibt, über die ich nachdenken kann, dann gestaltet sich die Lektüre zunehmend schwierig. Etwa ab der Hälfte driftet die Erzählung dann ab in eine Art Kriminalroman, das titelgebende, alte holländische Gemälde, Der Distelfink, übernimmt die Hauptrolle ...
Vielleicht ist es auch einfach die Schwere der existenziellen Themen wie Verlust, Trauer, Entwurzelung, Erwachsenwerden, die im Roman "angegangen" werden. In den vielen, oft sehr geschwätzigen und nichtssagenden Dialogen, findet man kaum die nötige Tiefe, die solche Themen fordern würden. Und so bleibt die Erzählung immer etwas an der Oberfläche, man hat fast das Gefühl, da wird viel versucht, aber der Leser wird nicht wirklich gefordert. Auch die Krimihandlung um das verschwundene Gemälde passt im Grunde nicht richtig dazu. Fast möchte man sagen, die Autorin hat viel auf einmal versucht, aber wenig erreicht. Man könnte sich durchaus zwei getrennte Romane vorstellen. Hinzu kommt mein Eindruck, daß dieses Buch in der vorliegenden Form ein paar hundert Seiten weniger gut vertragen hätte. Dennoch gebe ich zu, daß die Autorin wirklich gut schreiben kann - nur wirklich gut erzählen kann sie meiner Meinung nach nicht ...
Das Buch wurde denn auch von der Kritik überaus kontrovers aufgenommen, was aber den zukünftigen Leser auch anspornen kann, sich selbst ein Bild zu machen - sofern er die 1000 Seiten durchhält.
Das Buch stand lange auf der Bestsellerliste. Vielleicht hat es deshalb irgendwann unterbewußt meine Aufmerksamkeit erregt, trotz besseren Wissens, was diese Listen anbelangt. In meinem vorherigen Post habe ich ja noch das Loblied auf "vergessene" Lektüren gesungen - weit ab von aktuellen Bestsellerlisten ...
A propos: Umberto Eco hätte über das Buch wohl gesagt, es gehört zu jenen Büchern, "die im Moment ihres Erscheinens einen enormen Erfolg haben, bei dem aber nicht gesagt ist, daß er sich über die Jahre hin fortsetzt. Da sie sich jedoch gut genug verkaufen, um Autoren, Verlegern und Buchhändlern das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen, wird aus ihnen der Best-to-sell-Titel generiert, das heißt der eigens für den Massenverkauf angefertigte Titel." (U. Eco, Sämtliche Glossen und Parodien, Was ist ein Bestseller? , S. 576).
Mit diesen Gedanken überlasse ich es euch selbst, ob ihr diese umfangreiche Lesereise denn antreten wollt ...
Mittwoch, 6. April 2016
Mein Kopf begann zu arbeiten. Das alte Lied. - Ernest Hemingway
Heute möchte ich einmal ein Lob singen auf die Rückbesinnung ...
Auf dem jährlichen deutschen Bücherbasar hier in Athen finden sich oft wahre Schätze, und damit meine ich nicht nur das eine oder andere aktuelle Buch, das man dort zu Schnäppchenpreisen finden kann. Ich denke an all die "vergessenen", vor unzähligen Jahren gelesenen Bücher, die irgendwann wundersamerweise aus unseren Bücherregalen verschwunden sind - oder die man sich vielleicht auch nur ausgeliehen hatte ...
Wenn man viel liest, ist man ja immer "anfällig" für Neuerscheinungen, aktuelle Lektüreempfehlungen und die berühmt-berüchtigten Bestsellerlisten. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Dennoch freue ich mich immer, wenn mir so mancher Autor auf diesen Basaren unterkommt, an den ich schon lange nicht mehr gedacht habe.
Die Hemingway-Taschenbuchausgabe aus dem Jahre 1974 mit stark holzhaltigem, bereits vergilbtem Papier, dem typischen strengen Staubgeruch schon älterer Bücher und einer extrem kleinen Schrift, die ich inzwischen selbst mit Lesebrille nur schwer lesen kann.
Irgendwann in meinen jungen Jahren hatte ich exakt diese Ausgabe gelesen - ich erkannte sogleich das Buchcover. Irgendwie berührt mich dann so ein Buch mehr als wenn ich es mir in einer neuen Ausgabe gekauft hätte ...
Jedenfalls habe ich es jetzt wieder zur Hand genommen, natürlich erinnere ich mich an die Geschichte, aber ich begeistere mich - wie früher - wieder an Hemingways Sprache, und das Buch wird nach dem Lesen seinen sicheren Platz im Regal finden!
Auf dem jährlichen deutschen Bücherbasar hier in Athen finden sich oft wahre Schätze, und damit meine ich nicht nur das eine oder andere aktuelle Buch, das man dort zu Schnäppchenpreisen finden kann. Ich denke an all die "vergessenen", vor unzähligen Jahren gelesenen Bücher, die irgendwann wundersamerweise aus unseren Bücherregalen verschwunden sind - oder die man sich vielleicht auch nur ausgeliehen hatte ...
Wenn man viel liest, ist man ja immer "anfällig" für Neuerscheinungen, aktuelle Lektüreempfehlungen und die berühmt-berüchtigten Bestsellerlisten. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Dennoch freue ich mich immer, wenn mir so mancher Autor auf diesen Basaren unterkommt, an den ich schon lange nicht mehr gedacht habe.
Die Hemingway-Taschenbuchausgabe aus dem Jahre 1974 mit stark holzhaltigem, bereits vergilbtem Papier, dem typischen strengen Staubgeruch schon älterer Bücher und einer extrem kleinen Schrift, die ich inzwischen selbst mit Lesebrille nur schwer lesen kann.
Irgendwann in meinen jungen Jahren hatte ich exakt diese Ausgabe gelesen - ich erkannte sogleich das Buchcover. Irgendwie berührt mich dann so ein Buch mehr als wenn ich es mir in einer neuen Ausgabe gekauft hätte ...
Jedenfalls habe ich es jetzt wieder zur Hand genommen, natürlich erinnere ich mich an die Geschichte, aber ich begeistere mich - wie früher - wieder an Hemingways Sprache, und das Buch wird nach dem Lesen seinen sicheren Platz im Regal finden!
Dienstag, 5. April 2016
Ablasshandel ...
Heute hat nun die offizielle Abschiebung der Flüchtlinge zurück in die
Türkei begonnen. Ein „denkwürdiger“ Tag. Nun liest man in den letzten Tagen
genügend Artikel und Kommentare, die den Deal der EU mit der Türkei verdammen
und kritisch beleuchten. Und da sind sie dann doch wieder, all jene, die noch
vor kurzem über den Untergang des Abendlandes schwadronierten, Deutschland
schon als ein Land der Massenvergewaltigungen sahen (konnte ich wörtlich so
lesen!) und noch vieles mehr. Und genau sie regen sich auch über diesen Deal
mit der Türkei auf, über die Zahlungen,
die die EU leistet, die Verletzung der Menschenrechte dort, die Einschränkung
der Pressefreiheit etc. Und das ist für mich nun die Apotheose der Heuchelei!
Von „Ablasshandel“
ist die Rede. Zu Recht. Denn da will man die Flüchtlinge nicht, will aber auch kein
schlechtes Gewissen haben oder etwas dafür zahlen müssen. Genau da liegt aber
die Heuchelei. Wir können nicht die Humanität mit Füßen treten, dabei aber
selbst nicht die moralische Verantwortung dafür übernehmen. So läuft es halt
nicht! Also müssen wir uns heute, an diesem „denkwürdigen Tag“, schon den Schuh
anziehen und zugeben, dass viele in unserer Gesellschaft eben nicht so human sind,
wie sie sich gern fühlen wollen. Ihnen kann man nur sagen, daß nichts im Leben umsonst
ist – nicht die Humanität, aber eben auch
und insbesondere nicht die Inhumanität!
Donnerstag, 31. März 2016
Nullnummer... in fast jeder Hinsicht - leider ...
Und so ist er nun endlich gelesen, der letzte - zu seinen Lebzeiten - veröffentlichte Roman von Umberto Eco. Irgendwo las ich in den Nachrufen, ein weiteres Romanmanuskript läge noch vor und würde posthum veröffentlicht werden. Wir werden sehen.
Nun aber zu diesem, von seiner exquisiten und sorgfältigen Aufmachung her, äußerst einladenden Buch.
Mailand 1992. Einige Redakteure werden versammelt, um eine Zeitschrift zu machen, die aber kurioserweise nie erscheinen soll. Für dieses Unternehmen rekrutiert man auch der Ghostwriter Colonna, der zeitgleich einen Roman über diesen geplanten Betrug schreiben soll. Zunächst lässt sich das Ganze recht interessant an, aber im Verlaufe der Geschichte fragte ich mich immerzu, wann es endlich "zur Sache" geht...
Eco spart nicht an exzellenten Spitzen gegen Männer wie Berlusconi oder gegen die fragwürdige Machart von Zeitungen. An diesen Textstellen blitzt er nochmal auf, der gewitze und umfassende Gelehrte, der genaue Beobachter seiner Zeit, der gnadenlose Analytiker. Aber auch die etwas bemüht anmutende Kriminalhandlung, die das Geschehen zusammenhalten soll, kann für mich das Buch am Ende nicht wirklich "retten".
Da Eco erst vor kurzem verstorben ist, hätte ich es mir so gewünscht, einfach noch einmal ein Meisterwerk im Stile von Der Name der Rose oder Das Foucaultsche Pendel in den Händen zu halten, Dem war leider nicht so.
Dies bedeutet aber nun nicht, daß Eco meine Hochachtung verloren hätte. Nein, natürlich nicht. Zuviel Interessantes und Außergewöhnliches hat dieser Mann uns Lesern hinterlassen. Sein Lebenswerk - generell in kultureller Hinsicht - ist zu groß, als daß es das eine oder andere nicht so gelungene Buch schmälern könnte!
Nun aber zu diesem, von seiner exquisiten und sorgfältigen Aufmachung her, äußerst einladenden Buch.
Mailand 1992. Einige Redakteure werden versammelt, um eine Zeitschrift zu machen, die aber kurioserweise nie erscheinen soll. Für dieses Unternehmen rekrutiert man auch der Ghostwriter Colonna, der zeitgleich einen Roman über diesen geplanten Betrug schreiben soll. Zunächst lässt sich das Ganze recht interessant an, aber im Verlaufe der Geschichte fragte ich mich immerzu, wann es endlich "zur Sache" geht...
Eco spart nicht an exzellenten Spitzen gegen Männer wie Berlusconi oder gegen die fragwürdige Machart von Zeitungen. An diesen Textstellen blitzt er nochmal auf, der gewitze und umfassende Gelehrte, der genaue Beobachter seiner Zeit, der gnadenlose Analytiker. Aber auch die etwas bemüht anmutende Kriminalhandlung, die das Geschehen zusammenhalten soll, kann für mich das Buch am Ende nicht wirklich "retten".
Da Eco erst vor kurzem verstorben ist, hätte ich es mir so gewünscht, einfach noch einmal ein Meisterwerk im Stile von Der Name der Rose oder Das Foucaultsche Pendel in den Händen zu halten, Dem war leider nicht so.
Dies bedeutet aber nun nicht, daß Eco meine Hochachtung verloren hätte. Nein, natürlich nicht. Zuviel Interessantes und Außergewöhnliches hat dieser Mann uns Lesern hinterlassen. Sein Lebenswerk - generell in kultureller Hinsicht - ist zu groß, als daß es das eine oder andere nicht so gelungene Buch schmälern könnte!
Donnerstag, 24. März 2016
Fluchten ...
Aus meiner aktuellen Lektüre ...
Anna Seghers Buch ist aus dem Jahre 1951 und beschäftigt sich mit den Flüchtenden aus Nazi-Deutschland und dem besetzten Frankreich.
Liest man das folgende Zitat, versteht man, daß "Flüchten" immer schrecklich ist, egal wann, von wo und wie ... So ist Literatur doch oft auch noch nach Jahren aktueller denn je:
Ein beeindruckendes Buch, nur empfehlenswert!
Anna Seghers Buch ist aus dem Jahre 1951 und beschäftigt sich mit den Flüchtenden aus Nazi-Deutschland und dem besetzten Frankreich.
Liest man das folgende Zitat, versteht man, daß "Flüchten" immer schrecklich ist, egal wann, von wo und wie ... So ist Literatur doch oft auch noch nach Jahren aktueller denn je:
Ein beeindruckendes Buch, nur empfehlenswert!
Donnerstag, 17. März 2016
Familiengeschichten ...
Fast ohne mein Zutun sind mir die letzen Wochen zwei Bücher in die Hände gefallen, die ich kaum mehr aus der Hand legen konnte. Beiden gemeinsam ist zufälligerweise, daß es sich um Familiengeschichten handelt, im ersten Fall um eine reale, im zweiten Fall um eine fiktive.
Beide Bücher möchte ich Euch hier kurz vorstellen, weil sie - meiner unwichtigen Meinung nach - lesenswert sind:
Ausgehend von der Erbschaft einer Vitrine voller kostbarer japanischer Netsuken macht sich Edmund de Waal auf die Suche nach der Provenienz dieser Netsuken und damit nach der Geschichte seiner jüdischen Familie, die - einst im 19. Jahrhundert von Odessa kommend - zu den einflußreichsten Bankiersfamilien in Paris und Wien gehörte. Mit unheimlicher Akribie folgt er den Spuren seiner Urgroßeltern, Großeltern und Eltern bis in die heutige Zeit. Das Bestechende dieses Buches ist die Verknüpfung von Zeitgeschehnissen und der Welt der Kunst und Literatur, hatten viele Familienmitglieder doch enge Verbindungen zu den Künstlern ihrer Zeit. Beeindruckend in seiner Intensität auch die chronologische Beschreibung - fast im Stundentakt - des Anschlusses Österreichs durch Hitler und seine direkten Auswirkungen auf den Familienzweig in Wien! Ein berührendes Buch, das u.a. jedem Kunst- und Literaturfreund eine Fundgrube sein kann.
Und nun das zweite Buch: Virginia Woolf! Beim Lesen wurde mir bewußt, daß ich die Geschichte der Familie Pargiter vor vielen Jahren schon einmal gelesen haben muss. Vielleicht als Studentin? Ich weiß es nicht mehr. Woolf erzählt die Geschichte vor allem der Frauen der Familie und umfaßt dabei die Zeitspanne von 1880 bis in die Gegenwart der Autorin um 1930. Sie zeichnet die Lebenswege dieser Frauen nach, die zwischen totaler Anpassung an den Viktorianismus und dem offenen Ausbrechen aus diesen Mustern variieren. Über den Ersten Weltkrieg hinaus bis zum Aufflackern des aufkommenden Faschismus lernt man die Familienmitglieder vor allem durch die typische Schreibweise Woolfs kennen: durch das unbedingte Eintauchen in die innersten Gedanken- und Gefühlswelten der Figuren. Ein wunderbares Buch.
Beide Bücher möchte ich Euch hier kurz vorstellen, weil sie - meiner unwichtigen Meinung nach - lesenswert sind:
Ausgehend von der Erbschaft einer Vitrine voller kostbarer japanischer Netsuken macht sich Edmund de Waal auf die Suche nach der Provenienz dieser Netsuken und damit nach der Geschichte seiner jüdischen Familie, die - einst im 19. Jahrhundert von Odessa kommend - zu den einflußreichsten Bankiersfamilien in Paris und Wien gehörte. Mit unheimlicher Akribie folgt er den Spuren seiner Urgroßeltern, Großeltern und Eltern bis in die heutige Zeit. Das Bestechende dieses Buches ist die Verknüpfung von Zeitgeschehnissen und der Welt der Kunst und Literatur, hatten viele Familienmitglieder doch enge Verbindungen zu den Künstlern ihrer Zeit. Beeindruckend in seiner Intensität auch die chronologische Beschreibung - fast im Stundentakt - des Anschlusses Österreichs durch Hitler und seine direkten Auswirkungen auf den Familienzweig in Wien! Ein berührendes Buch, das u.a. jedem Kunst- und Literaturfreund eine Fundgrube sein kann.
Und nun das zweite Buch: Virginia Woolf! Beim Lesen wurde mir bewußt, daß ich die Geschichte der Familie Pargiter vor vielen Jahren schon einmal gelesen haben muss. Vielleicht als Studentin? Ich weiß es nicht mehr. Woolf erzählt die Geschichte vor allem der Frauen der Familie und umfaßt dabei die Zeitspanne von 1880 bis in die Gegenwart der Autorin um 1930. Sie zeichnet die Lebenswege dieser Frauen nach, die zwischen totaler Anpassung an den Viktorianismus und dem offenen Ausbrechen aus diesen Mustern variieren. Über den Ersten Weltkrieg hinaus bis zum Aufflackern des aufkommenden Faschismus lernt man die Familienmitglieder vor allem durch die typische Schreibweise Woolfs kennen: durch das unbedingte Eintauchen in die innersten Gedanken- und Gefühlswelten der Figuren. Ein wunderbares Buch.
Donnerstag, 10. März 2016
Es gibt nur zwei "Rassen" ...
Die europäische Gesellschaft spaltet sich mehr und mehr in die
sogenannten Gutmenschen und Schlechtmenschen (beides Wortschöpfungen, die
dem Freund der deutschen Sprache an sich schon wehtun). Sogar der Begriff Humanität wird neuerdings zurechtgebogen, wie es jedem gerade zupass kommt. Auf
politischer Ebene haben solidarisches und wagemutiges Handeln dem kruden Kalkül
Platz gemacht. Mal wieder. Eine gemeinsam getragene Zukunft wagen? Eher nicht.
Und ich frage
mich: Steht hinter diesen beiden Wortschöpfungen nicht einfach die
grundsätzliche Frage nach unserer Anständigkeit?
Es ist ein Gebot der
Anständigkeit, vor Krieg, Hunger oder aussichtsloser Zukunft fliehenden
Menschen zu helfen, unabhängig von Hautfarbe oder Religion. Es ist ein Gebot der
Anständigkeit, für jene einzutreten und jenen etwas abzugeben, denen es so viel
schlechter geht als uns. Es ist ein Gebot der Anständigkeit, fremdenfeindliche
Politiker und ihre dumpfen Mitläufer in ihre Schranken zu weisen. Es ist ein
Gebot der Anständigkeit, jene zu unterstützen, die noch einen Rest
freiheitliches Denken, Wagemut und Zuversicht an den Tag legen. Und so weiter
und so fort ...
Wenn ich an unser
Heute denke, verwende ich bewußt nicht den Begriff der christlichen
Nächstenliebe. Ich muß den Fremden neben mir auch nicht lieben, aber ich muß
jeden Menschen neben mir anständig behandeln – nicht mehr und nicht weniger.
Vereinzelt liest
man in den Medien vom „Aufstand der Anständigen“. Wäre es jetzt nicht an der Zeit,
Europa?
P.S. Europa
selbst soll übrigens, wie uns Homer berichtet, eine wunderschöne Prinzessin aus
Phönizien gewesen sein, jenem Landstreifen auf dem heutigen Gebiet von Israel,
Syrien und Libanon. Aber dies nur nebenbei bemerkt.
Sonntag, 6. März 2016
Unter der Sonne Griechenlands ...
Und hier noch ein kurzer Nachtrag zu meinem gestrigen Bericht:
Heute fand am Athener Syntagma-Platz eine große Spendenaktion für die Flüchtlinge statt. Das Video zeigt, wie viele Menschen dem Aufruf Folge leisteten. Es freut mich ungemein, daß es auch in diesen, für die meisten Griechen sehr schwierigen Zeiten genügend Solidarität mit Jenen gibt, denen es noch schechter geht:
https://www.facebook.com/AthensLiveGr/videos/1678536209085076/
Die Situation in den Warenlagern am alten Flughafen heute war relativ ruhig. In den frühen Nachmittagsstunden kamen die ersten Lieferungen mit den Spenden vom Syntagma-Platz an. Richtig "heiß" wird es wohl erst ab morgen dort abgehen ...
HELPING HANDS DESPERATELY NEEDED:
https://www.facebook.com/groups/157689337908512/permalink/224893747854737/
Heute fand am Athener Syntagma-Platz eine große Spendenaktion für die Flüchtlinge statt. Das Video zeigt, wie viele Menschen dem Aufruf Folge leisteten. Es freut mich ungemein, daß es auch in diesen, für die meisten Griechen sehr schwierigen Zeiten genügend Solidarität mit Jenen gibt, denen es noch schechter geht:
https://www.facebook.com/AthensLiveGr/videos/1678536209085076/
Die Situation in den Warenlagern am alten Flughafen heute war relativ ruhig. In den frühen Nachmittagsstunden kamen die ersten Lieferungen mit den Spenden vom Syntagma-Platz an. Richtig "heiß" wird es wohl erst ab morgen dort abgehen ...
HELPING HANDS DESPERATELY NEEDED:
https://www.facebook.com/groups/157689337908512/permalink/224893747854737/
Samstag, 5. März 2016
Realitäten ...
Da ich an diesem Samstag mal keine Kundentermine hatte, beschlossen mein Mann und ich, uns auf den Weg nach Piräus zu machen und dort unsere Hilfe anzubieten. Als wir am Gate 1 ankamen, herrschte dort schon viel Betriebsamkeit. Es waren vielleicht um die 500 Flüchtlinge vor Ort - wir hatten mehr erwartet, aber die tägliche Überführung vom Hafen in die Aufnahmelager in und bei Athen funktioniert offensichtlich sehr gut. Etwas Chaos herrschte nur an der Sammelstelle für Spenden und der Ausgabestelle an die Flüchtlinge.
Niemand konnte uns so richtig einweisen. Es funktioniert eher nach dem Motto, jeder langt zu, wo Not am Mann ist. Wir mischten uns unter die Helfer, mußten aber bald feststellen, daß es nicht viel zu tun gab, weil einfach schon zu viele Freiwillige dort waren. Im Minutentakt kamen Athener mit Sach- oder Kleiderspenden. Im Minutentakt kamen mittlere Lieferwagen an und brachten Wasser, Brot, Säfte, Sandwiches, Windeln etc. In Windeseile bildeten sich Ketten, die die Waren in das angrenzende Lager transportierten. In all der Unübersichtlichkeit erstaunlich, wie gut das alles funktionierte. Als wir endlich eine "Zuständige" zu fassen bekamen, bat sie uns, doch lieber nach ELLINIKO, zum alten Flughafen von Athen zu fahren, wo sich in den leerstehenden Hallen die richtig großen Warenlager befinden. Dort würde noch so viel Hilfe gebraucht ...
Und tatsächlich, als wir dort ankamen, wurden wir in einer der 3 Lagerhallen, die von drei verschiedenen NGOs betrieben werden, freudig begrüßt und sofort "eingeteilt" - zum Sortieren der Kleiderspenden und zur Annahme der nicht abreißenden Spendenströme. Auch dort kaum ein anderes Bild als in Piräus - nur in so viel größerem Ausmaße: Unmengen an Kleider - und Sachspenden, Medikamenten, Lebensmitteln etc. Inmitten dieses Chaos zählten wir ca. 80 Helfer, die versuchten, dieser Spendenlawine irgendwie Herr zu werden - definitiv zu wenig Freiwillige, weil es zu wenig bekannt ist! Zusammen mit nur 4 anderen Frauen machte ich mich also daran, Kleidung zu sortieren und in Kisten zu verpacken. Vor der Halle ein beständiges An- und Abfahren
Zusammen mit zwei Griechinnen und einer Amerikanerin, die bereits im Sommer einen Monat lang auf Lesbos als Helferin gewirkt hatte, bildeten wir am Ende ein nettesTeam - auch wenn wir den Kleiderberg hinter uns mitnichten abbauen konnten. Ständig kamen Menschen mit weiteren Spenden. So ungefähr fühlt sich Sisyphos-Arbeit an!
Natürlich hatten wir auch mit diversen Imponderabilien zu kämpfen: Die von einer Firma gespendeten Kartons waren so gegen 16 Uhr alle verbraucht, Klebeband war auch nicht mehr aufzutreiben. Und so habe ich mich mit den 4 Frauen der "Kleider-Ecke" für morgen Vormittag wieder verabredet. Auf dem Heimweg sammelten wir noch vor einem Supermarkt Kartons ein und kauften auch ein paar Rollen Klebeband. Morgen findet am Athener Syntagma-Platz eine grosse Sammelaktion statt, deren Erträge im Laufe des Tages in die Lagerhallen am Elliniko zum Sortieren geliefert werden. Ich wage mir nicht vorzustellen, was dort alles morgen ankommen wird! Jedenfalls baten die Zuständigen schon heute jeden darum, morgen wiederzukommen und auch am Montag zwischen 10 und 14 Uhr.
Also, wer immer hier in Athen morgen oder übermorgen etwas Zeit erübrigen kann, es wird jede helfende Hand dringend benötigt!
Wie war das noch mit dem Vorschlag, die zahlreichen Helfer auf Lesbos sollten den Friedensnobelpreis verliehen bekommen? ABER NATÜRLICH - wenn nicht sie, wer sonst?
Samstag, 20. Februar 2016
Das Ende der Zeiten ist nicht das Ende der Zeit. Sie und ich, wir müssen sterben, vielleicht auch die Menschheit (wenn die Sonne erlischt) und wahrscheinlich auch die uns bekannten Galaxien. Aber all das bedeutet nicht, daß das Universum verschwinden wird. Das ist für mich die positive Bedeutung der Botschaft der Apokalypse auch für diejenigen, die nicht gläubig sind: Es wird immer neue Himmel und neue Erden geben. - Umberto Eco
Kein schöner Morgen war dies heute. Kaum öffnete ich meinen Laptop, schon sprang mir die traurige Nachricht ins Gesicht: Umberto Eco ist tot.
Wer meinen Blog liest, weiß, daß ich diesen Schriftsteller überaus schätze. Ich fand nicht ausnahmslos zu jedem seiner Romane und Schriften wirklichen Zugang, was nichts über die Qualität dieser Schriften aussagt, sondern eher etwas über mein eigenes Defizit, in die komplexen Welten des Umberto Eco immer verstehend eintauchen zu können.
Dennoch gehört Vieles von Eco unwiderruflich zu meiner kleinen Bibliothek:
Der Name der Rose, Das Foucaultsche Pendel, Auf dem Wege zu einem Neuen Mittelalter, Die Geschichte der Schönheit, Die Geschichte der Häßlichkeit, Über Gott und die Welt, Kunst und Schönheit im Mittelalter, Die Kunst des Bücherliebens, Gesammelte Streichholzbriefe, Sämtliche Glossen und Parodien, Die Suche nach der vollkommenen Sprache, Baudolino, Die Insel des vorigen Tages, Der Friedhof in Prag ...
Noch ungelesen liegt sein erst kürzlich erschienener Roman Nullnummer auf meinem Nachttisch. Sein allerletztes Buch soll nun posthum im März erscheinen.
Einmal durfte ich Eco begegnen, als junge Studentin in einem Seminar über den damals gerade erschienenen Roman Der Name der Rose. Unsere rührige Seminarleiterin hatte Umberto Eco zu einem Vortrag eingeladen. Überflüssig zu erzählen, wie anregend dieser Abend in relativ kleiner Runde am Italienischen Institut der Münchner Uni war. Ich habe einen äußerst liebenswürdigen, humorvollen und natürlich brillianten Mann in Erinnerung, der nach dem Vortrag unermüdlich unsere Fragen beantwortete. Unsere Professorin hing, wie ich mich noch heute amüsiert erinnere, mit absoluter Verzückung an seinen Lippen und veröffentlichte kurz danach selbst ein interessantes Buch über die "Geheimnisse" des Romans ...
Die Zeitungen überschlagen sich seit heute mit Nachrufen auf Eco. All dem ist nichts hinzuzufügen.
Berührend war allerdings der italienische Nachruf eines seiner ehemaligen Studenten. Denn für ihn war er viel mehr als der weltberühmte Autor und Intellektuelle, für ihn blieb Eco immer das, was er wohl auch selbst Zeit seines Lebens am liebsten war: der leidenschaftlich Lehrende. nachzulesen hier
Ich erinnerte mich gerade spontan an eine seiner Glossen und las sie noch einmal nach ...
"Wie man sich heiter auf den Tod vorbereiten kann" (Umberto Eco, Sämtliche Glossen und Parodien, Carl Hanser Verlag 1990, S. 541 ff.):
Wie Eco diese These augenzwinkernd weiterentwickelt, lohnt sich zu lesen!
Ich bin sicher, er hat dem Tode gelassen ins Angesicht geblickt ...
Wer meinen Blog liest, weiß, daß ich diesen Schriftsteller überaus schätze. Ich fand nicht ausnahmslos zu jedem seiner Romane und Schriften wirklichen Zugang, was nichts über die Qualität dieser Schriften aussagt, sondern eher etwas über mein eigenes Defizit, in die komplexen Welten des Umberto Eco immer verstehend eintauchen zu können.
Dennoch gehört Vieles von Eco unwiderruflich zu meiner kleinen Bibliothek:
Der Name der Rose, Das Foucaultsche Pendel, Auf dem Wege zu einem Neuen Mittelalter, Die Geschichte der Schönheit, Die Geschichte der Häßlichkeit, Über Gott und die Welt, Kunst und Schönheit im Mittelalter, Die Kunst des Bücherliebens, Gesammelte Streichholzbriefe, Sämtliche Glossen und Parodien, Die Suche nach der vollkommenen Sprache, Baudolino, Die Insel des vorigen Tages, Der Friedhof in Prag ...
Noch ungelesen liegt sein erst kürzlich erschienener Roman Nullnummer auf meinem Nachttisch. Sein allerletztes Buch soll nun posthum im März erscheinen.
Einmal durfte ich Eco begegnen, als junge Studentin in einem Seminar über den damals gerade erschienenen Roman Der Name der Rose. Unsere rührige Seminarleiterin hatte Umberto Eco zu einem Vortrag eingeladen. Überflüssig zu erzählen, wie anregend dieser Abend in relativ kleiner Runde am Italienischen Institut der Münchner Uni war. Ich habe einen äußerst liebenswürdigen, humorvollen und natürlich brillianten Mann in Erinnerung, der nach dem Vortrag unermüdlich unsere Fragen beantwortete. Unsere Professorin hing, wie ich mich noch heute amüsiert erinnere, mit absoluter Verzückung an seinen Lippen und veröffentlichte kurz danach selbst ein interessantes Buch über die "Geheimnisse" des Romans ...
Die Zeitungen überschlagen sich seit heute mit Nachrufen auf Eco. All dem ist nichts hinzuzufügen.
Berührend war allerdings der italienische Nachruf eines seiner ehemaligen Studenten. Denn für ihn war er viel mehr als der weltberühmte Autor und Intellektuelle, für ihn blieb Eco immer das, was er wohl auch selbst Zeit seines Lebens am liebsten war: der leidenschaftlich Lehrende. nachzulesen hier
Ich erinnerte mich gerade spontan an eine seiner Glossen und las sie noch einmal nach ...
"Wie man sich heiter auf den Tod vorbereiten kann" (Umberto Eco, Sämtliche Glossen und Parodien, Carl Hanser Verlag 1990, S. 541 ff.):
Ein nachdenklicher Schüler (ein gewisser Kriton) fragte mich kürzlich: "Meister, wie kann
man sich gut auf den Tod vorbereiten?" Ich antwortete ihm, daß die einzige Art und Weise,
gefaßt dem Tod entgegenzugehen, darin bestehe, sich zu überzeugen, daß alle anderen Trottel
und Blödmänner sind.
Wie Eco diese These augenzwinkernd weiterentwickelt, lohnt sich zu lesen!
Ich bin sicher, er hat dem Tode gelassen ins Angesicht geblickt ...
Montag, 8. Februar 2016
Schlaflos ...
Ich möchte heute mit Euch den Beitrag einer Bloggerin teilen, der vielleicht ein wenig verständlich macht, wie es uns momentan in Griechenland geht. Denn wir sollten uns darüber klar sein, daß die Griechenland-Krise mitnichten vorbei ist. Ganz im Gegenteil. Obwohl alles in den Medien seit Monaten von der Flüchtlingsproblematik überschattet wird, steht unserem kleinen Land hier nach wie vor das Wasser bis zum Hals ...
Der Beitrag ist lesenswert!
Schlaflos in Griechenland
Der Beitrag ist lesenswert!
Schlaflos in Griechenland
Ich bin immerhin 82 Jahre alt und habe mich, soweit ich es weiß, noch nie sehr intensiv für mich interessiert - Inge Jens
Schon seit längerem habe ich kein Buch mehr so verschlungen, wie dieses hier. Inge Jens, die Frau von Walter Jens, dem Altphilologen und homme de lettres, wie er sich selbst gern bezeichnete, der meine Generation begleitet hat. Seiner Frau "begegnete" ich bewußt erst vor ein paar Jahren, als sie in einer Talkshow von der Alzheimer-Erkrankung ihres Mannes erzählte. Ich war von ihr beeindruckt.
Und nun kamen mir ihre "Unvollständigen Erinnerungen" zufällig unter.
Wir erleben hier ein faszinierendes Frauenleben, ihrer Zeit weit voraus. Jahrgang 1927, aufgewachsen in Hamburg, studiert sie nach dem Krieg Germanistik und Anglistik in Tübingen, wo sie bald auch Walter Jens begegnet. Sie heiraten, kurz nach ihrer Promotion kommt der erste Sohn zur Welt. Neben Walter taucht sie ein in die Welt der Schriftsteller, Literaten und Intellektuellen der jungen Bundesrepublik. Nun könnte man meinen, sie hätte sich selbst neben so einem herausragenden Mann verloren - oder wäre zumindest ganz seinem Dasein "untergeordnet" gewesen. Aber ganz im Gegenteil erarbeitet sie sich im Laufe der Jahre ihr ganz eigenes Terrain und profiliert sich als Herausgeberin, u.a. der Briefe Thomas Manns an Ernst Betram und der Briefe und Aufzeichnungen der Geschwister Scholl. Sie beschreibt so eindringlich wie bescheiden diesen Weg hin zu ihrer ganz eigenen beruflichen Bestimmung:
"Zum ersten Mal bemerkte ich, was es bedeutete, als eine eigenständige Persönlichkeit und nicht länger nur als Frau eines interessanten und zunehmend berühmten Mannes zu gelten - eines Mannes allerdings, der mit dieser wachsenden Selbständigkeit durchaus keine Schwierigkeiten hatte, sondern alles in seinen Kräften Stehende tat, um sie zu fördern. Dass das nicht selbstverständlich, ja damals, um 1960, eher noch die Ausnahme war, blieb mir nicht verborgen, und ich war altmodisch genug, um ihm dafür dankbar zu sein. Es ersparte mir viele grundsätzliche Diskussionen und war, auch wenn der Alltag gelegentlich schwierig blieb, sowohl meiner Emanzipation als auch unserer Gemeinsamkeit förderlich."
Dabei erzählt sie nicht ohne das gelegentliche Augenzwinkern der klugen Ehefrau von der sporadischen Zusammenarbeit mit Walter Jens. Immerhin, mit über 70 geben sie zusammen noch die hochbeachtete - und sehr lesenswerte - Biographie von Katia Mann heraus.
Weit über das Persönliche hinaus ist das Buch natürlich auch ein Stück Zeitgeschichte, das den Leser viel Interessantes über die gesellschaftspolitischen Geschehen der Nachkriegsjahre bis heute miterleben läßt.
Inge Jens beschließt ihr Buch mit einem langen Kapitel über die Krankheit von Walter Jens, und auch da zeigt sie sich als intelligente, mitfühlende, aber vor allem auch aufrichtige Chronistin.
Das Buch erschien im Jahre 2009, Walter Jens verstarb 2013. Inge Jens ist mit Ende achtzig sporadisch noch immer beruflich engagiert.
Übrigens: Einen schönen Mitschnitt einer Lesung aus ihrem Buch könnt Ihr hier ansehen. Vielleicht erweckt es ja auch Euer Interesse an dieser klugen Frau.
Und nun kamen mir ihre "Unvollständigen Erinnerungen" zufällig unter.
Wir erleben hier ein faszinierendes Frauenleben, ihrer Zeit weit voraus. Jahrgang 1927, aufgewachsen in Hamburg, studiert sie nach dem Krieg Germanistik und Anglistik in Tübingen, wo sie bald auch Walter Jens begegnet. Sie heiraten, kurz nach ihrer Promotion kommt der erste Sohn zur Welt. Neben Walter taucht sie ein in die Welt der Schriftsteller, Literaten und Intellektuellen der jungen Bundesrepublik. Nun könnte man meinen, sie hätte sich selbst neben so einem herausragenden Mann verloren - oder wäre zumindest ganz seinem Dasein "untergeordnet" gewesen. Aber ganz im Gegenteil erarbeitet sie sich im Laufe der Jahre ihr ganz eigenes Terrain und profiliert sich als Herausgeberin, u.a. der Briefe Thomas Manns an Ernst Betram und der Briefe und Aufzeichnungen der Geschwister Scholl. Sie beschreibt so eindringlich wie bescheiden diesen Weg hin zu ihrer ganz eigenen beruflichen Bestimmung:
"Zum ersten Mal bemerkte ich, was es bedeutete, als eine eigenständige Persönlichkeit und nicht länger nur als Frau eines interessanten und zunehmend berühmten Mannes zu gelten - eines Mannes allerdings, der mit dieser wachsenden Selbständigkeit durchaus keine Schwierigkeiten hatte, sondern alles in seinen Kräften Stehende tat, um sie zu fördern. Dass das nicht selbstverständlich, ja damals, um 1960, eher noch die Ausnahme war, blieb mir nicht verborgen, und ich war altmodisch genug, um ihm dafür dankbar zu sein. Es ersparte mir viele grundsätzliche Diskussionen und war, auch wenn der Alltag gelegentlich schwierig blieb, sowohl meiner Emanzipation als auch unserer Gemeinsamkeit förderlich."
Dabei erzählt sie nicht ohne das gelegentliche Augenzwinkern der klugen Ehefrau von der sporadischen Zusammenarbeit mit Walter Jens. Immerhin, mit über 70 geben sie zusammen noch die hochbeachtete - und sehr lesenswerte - Biographie von Katia Mann heraus.
Weit über das Persönliche hinaus ist das Buch natürlich auch ein Stück Zeitgeschichte, das den Leser viel Interessantes über die gesellschaftspolitischen Geschehen der Nachkriegsjahre bis heute miterleben läßt.
Inge Jens beschließt ihr Buch mit einem langen Kapitel über die Krankheit von Walter Jens, und auch da zeigt sie sich als intelligente, mitfühlende, aber vor allem auch aufrichtige Chronistin.
Das Buch erschien im Jahre 2009, Walter Jens verstarb 2013. Inge Jens ist mit Ende achtzig sporadisch noch immer beruflich engagiert.
Übrigens: Einen schönen Mitschnitt einer Lesung aus ihrem Buch könnt Ihr hier ansehen. Vielleicht erweckt es ja auch Euer Interesse an dieser klugen Frau.
Freitag, 29. Januar 2016
Heute morgen ist kein Wasser mehr aus dem Hahn gekommen .. - Umberto Eco
In all diesen Wirren finde ich dann doch noch meine kleinen, persönlichen Freuden, kam doch heute
endlich mal wieder "Buch-Post" aus Deutschland:
Nach langem Überlegen und mit klammen Blick auf meinen Geldbeutel konnte ich nach Weihnachten doch nicht widerstehen und bestellte mir eine bereits gebrauchte Ausgabe des neuen Romans von Umberto Eco. Ich sparte 10 Euro am Ende ein - ein Betrag, der in diesen Zeiten hier in Griechenland das Warten und Suchen doch wert war.
endlich mal wieder "Buch-Post" aus Deutschland:
Nach langem Überlegen und mit klammen Blick auf meinen Geldbeutel konnte ich nach Weihnachten doch nicht widerstehen und bestellte mir eine bereits gebrauchte Ausgabe des neuen Romans von Umberto Eco. Ich sparte 10 Euro am Ende ein - ein Betrag, der in diesen Zeiten hier in Griechenland das Warten und Suchen doch wert war.
Eine ganz besondere Freude war die Ausgabe des Hanser-Verlags:
Ein farbig bedruckter und mit Heißsiegeldruck versehener Canvas!
Das freut mich natürlich ganz persönlich, so einen schönen Buchdeckel zu sehen und so ein exquisit gestaltetes Buch in den Händen zu halten ...
Ob der Inhalt des Buches auch der edlen Aufmachung entspricht, werde ich beizeiten berichten!
Donnerstag, 28. Januar 2016
Zeitläufte........
Wir werden uns wohl daran
gewöhnen müssen, daß die Zeitläufte ihren eigenen Weg gehen. Die vergangenen
Tage waren wieder ein Schlag ins Gesicht derer, die dem Untergangsgeheul ihre
unbeirrbare Zuversicht auf eine humanitäre Gesellschaft entgegenstellen. So
manch einer ruft nach der finalen Revolution – gegen das „System“, gegen dessen
Politiker, gegen die kapitalistische Ausbeutung, der wir alle unterworfen
wurden in den letzten Jahren. So manch einer sieht die Krux in den
überbordenden Exzessen der rechtslastigen und gewaltbereiten Mitbürger, die
ihren persönlichen Frust genau gegen jene richten, die am wenigsten damit zu
tun haben und ihnen im Grunde nur als Sündenbock dienen. Vor einiger Zeit habe
ich schon vom „Untergang des Abendlandes“ geschrieben – nicht im Sinne derer,
die darin den Untergang des geliebten westlichen status quo diagnostizieren,
sondern eher im Sinne des Spenglerschen Begriffes der zyklischen Veränderung
dieses status quo. Gesellschaften und Kulturen verändern sich permanent, so
sehr man sich dieser Tatsache auch in nahezu kleinkindlichem Eigensinn entgegenstellen
mag.
Gestern jährte
sich der 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz. Aus diesem Anlaß erinnerte
man sich auch an Primo Levi, den herausragenden italienisch-jüdischen
Schriftsteller, der uns in seinen Schriften die Greuel des Holocaust
hinterlassen hat. Das folgende Zitat beschreibt genau das Gefühl, das ich in
den letzten Monaten hatte: Die bittere Erkenntnis, daß nicht die wenigen Schreier
das wirkliche Problem unserer gegenwärtigen Gesellschaft sind, sondern die
Stillen, die Unbemerkten, die Kriecher, die erst im Schutze einer größeren
Masse ihre ganz eigene, perfide Art von „Zivilcourage“ entfalten – all jene,
wie sie uns ja auch hier im Internet tagtäglich begegnen. SIE sind im Grunde
das Zünglein an der Waage unserer kommenden Gesellschaften ...
Wenn wir uns
ihrer ureigenen Feigheit, ihrem maulwurfartigen, Zweifel streuenden Genöle
ergeben, ergeben wir am Ende uns selbst und unsere Überzeugungen.
Sonntag, 3. Januar 2016
Aus schlecht mach neu ...
Die Weihnachtsfeiertage habe ich viel gelesen - allerdings kommt jetzt hier ausnahmsweise mal keine Lektüreempfehlung. Unter den Büchern, die ich beim diesjährigen Weihnachtsbasar erstanden habe, waren auch zwei Krimis, die ich mir bewußt für jene Lesestunden mitnahm, die aufgrund meiner Müdigkeit und Erschöpfung keine anspruchsvolle Lektüre zulassen würden.


Ich nahm also über Weihnachten zwei Krimis von Nicola Förg zur Hand - einzureihen in die Kategorie der bayerischen Regionalkrimis ...
"Eisenherz" habe ich mit viel Ausdauer und zeitweisen Gähnattacken durchgelesen - einfach, weil ich zu faul war, mir etwas anderes auszusuchen. Das zweite Buch, "Markttreiben", öffnete ich in der Überzeugung, daß man einem Autor manchmal auch eine zweite Chance geben sollte, legte es aber nach den ersten 10 Seiten endgültig zur Seite. Mich auch da noch durchzuquälen, war dann doch zuviel verlangt!
Es gibt viele, wirklich gut geschriebene Regionalkrimis, wie z.B. die griechischen Krimis von Petros Markaris; es gibt gar Meisterliches wie aus der Feder von Camilleri oder Izzo; es gibt herrlichen Humor bei Jörg Maurer oder Klüpfel/Kobr; es gibt wunderbares venezianisches Lokalkolorit in den Büchern von Donna Leon ...
Aber diese beiden Bücher hier waren in ihrem Aufbau, ihrer Personenzeichnung und ihrer Handlung so schlecht, seicht und absolut dröge, daß ich mir das Elend dann doch nicht noch ein zweites Mal antun konnte.
Also, nichts für ungut, Frau Förg, selbst das schlechteste Buch ist noch zu irgendetwas nütze - wie es Plinius der Jüngere einmal so oder ähnlich ausgedrückt hat ...
Meine Lust auf Krimis hat sich nun wieder etwas gelegt, und so freue ich mich auf das Weihnachtsgeschenk einer lieben Freundin, auf den letzten, unvollendeten Roman von Wolfgang Herrndorf - der Kontrast zu Nicola Förg könnte größer wohl nicht sein !


Ich nahm also über Weihnachten zwei Krimis von Nicola Förg zur Hand - einzureihen in die Kategorie der bayerischen Regionalkrimis ...
Es gibt viele, wirklich gut geschriebene Regionalkrimis, wie z.B. die griechischen Krimis von Petros Markaris; es gibt gar Meisterliches wie aus der Feder von Camilleri oder Izzo; es gibt herrlichen Humor bei Jörg Maurer oder Klüpfel/Kobr; es gibt wunderbares venezianisches Lokalkolorit in den Büchern von Donna Leon ...
Aber diese beiden Bücher hier waren in ihrem Aufbau, ihrer Personenzeichnung und ihrer Handlung so schlecht, seicht und absolut dröge, daß ich mir das Elend dann doch nicht noch ein zweites Mal antun konnte.
Wenn man solche Bücher herumstehen hat, stellt sich ja immer die Frage, was mache ich nun damit? Erste Option: für den nächsten Bücherbasar aufheben.
Zweite Option: ab damit in die Recyclingtonne
Dritte Option: etwas Sinnvolleres daraus gestalten
Dritte Option: etwas Sinnvolleres daraus gestalten
Ich entschied mich für die dritte. Und so faltete ich gestern abend vor mich hin und konnte zwei neue Buchstützen herstellen, die mittlerweile schon zum Standardrepertoire meines Shops gehören und immer gern gekauft werden ...
Also, nichts für ungut, Frau Förg, selbst das schlechteste Buch ist noch zu irgendetwas nütze - wie es Plinius der Jüngere einmal so oder ähnlich ausgedrückt hat ...
Meine Lust auf Krimis hat sich nun wieder etwas gelegt, und so freue ich mich auf das Weihnachtsgeschenk einer lieben Freundin, auf den letzten, unvollendeten Roman von Wolfgang Herrndorf - der Kontrast zu Nicola Förg könnte größer wohl nicht sein !
Freitag, 1. Januar 2016
365 Weisheiten ...
DARAUF habe ich mich nun schon seit Wochen gefreut: Das Öffnen einer ganz besonderen Dose, die mir eine Freundin Anfang Dezember geschenkt hat.
Sorgfältig verschlossen, ja sogar verplombt war sie, um auch noch die Neugierigsten (respektive mich) vom vorzeitigen Öffnen abzuhalten. Diese Dose beherbergt 365 Sprüche und Weisheiten, die mich ab heute übers Jahr begleiten werden.
Das war schon fast ein Gefühl wie in Kindertagen, als wir ungeduldig die 24 Türchen des Adventskalenders Tag für Tag öffnen durften! Ein wunderschönes Geschenk einfach!
Und hier ist er nun.. MEIN erster Spruch des Jahres (und ich verspreche hiermit hoch und heilig, daß ich jeden Tag nur ein Kärtchen ziehen werde!) :
Sorgfältig verschlossen, ja sogar verplombt war sie, um auch noch die Neugierigsten (respektive mich) vom vorzeitigen Öffnen abzuhalten. Diese Dose beherbergt 365 Sprüche und Weisheiten, die mich ab heute übers Jahr begleiten werden.
Das war schon fast ein Gefühl wie in Kindertagen, als wir ungeduldig die 24 Türchen des Adventskalenders Tag für Tag öffnen durften! Ein wunderschönes Geschenk einfach!
Und hier ist er nun.. MEIN erster Spruch des Jahres (und ich verspreche hiermit hoch und heilig, daß ich jeden Tag nur ein Kärtchen ziehen werde!) :
Ein neues Jahr erträumen ...
GEDANKEN ZUM NEUEN JAHR: Das vergangene
Jahr war aufreibend für so Manche im „Kleinen“, für so Manche im „Großen“. Sieht
und liest man in den letzten Tagen die Jahresrückblicke, wird mir bewußt, wie
vergänglich alles ist, wie schnell wir vergessen. Dennoch sind einige Themen
geblieben, die uns mehr als alles andere beschäftigt haben und weiter
beschäftigen werden: Terror hat sich breit gemacht und viele Menschen weltweit getötet.
Viele Menschen in einem kleinen Land am östlichsten Zipfel Europas beugten sich
einem widersinnig-kurzsichtigen politischen Spardiktat. Viele Menschen haben
sich auf eine gefährliche und manchmal tödliche Reise ins Ungewisse gemacht,
auf der Suche nach Frieden und Geborgenheit. So Manche beäugten und berurteilten
all dies von der verstaubten, kleingeistigen Sicherheit ihres kleinkarierten inneren
Sofas aus. So Manche trugen ihre Frustration und tiefste Menschenverachtung hinaus auf die Plätze ...
Laute Dunkelheit hat sich vielerorts über uns gesenkt und die leise
Hilfsbereitschaft all Jener übertönt, die ihre Menschlichkeit noch nicht
begraben haben.
Und so habe ich kein gutes Gefühl für das Kommende. Morgen schon tauchen
wir alle wieder ab in unsere Alltäglichkeit. Morgen schon werden all die
guten Vorsätze vergessen sein. Morgen schon wird die Realität – die
politische, die gesellschaftliche, die persönliche – an unsere Tür klopfen, auch
mit all dem Unschönen, das wir uns eigentlich gerade in diesen Augenblicken so
sehr hinwegwünschen.
Was bleibt uns dann an einem solchen Neujahrstag? Ich weiß es wirklich nicht.
Aber wir sollten uns dennoch unsere Träume nicht nehmen lassen, denn ohne
sie wäre die Wirklichkeit nicht auszuhalten ...
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